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Computer auf der Nase: Wozu uns die HoloLens befähigen wird (und wozu nicht)

Mixed-Reality-Geräte wie die HoloLens werden in ein paar Jahren unser Leben und Arbeiten erleichtern. Sei es durch Hologramme, die direkt in die Welt vor unseren Augen projiziert werden oder durch die Möglichkeit, sich ganz einfach im virtuellen Raum mit anderen zu treffen – live und in 3D. Diese nächste Computer-Generation, die wir als Brillen auf der Nase tragen, wird von Marc Pollefeys im Labor für Mixed Reality und künstliche Intelligenz in Zürich weiterentwickelt. Im Interview erzählt er, wo sie bereits im Einsatz steht und wie lange es noch dauert, bis sie alltagstauglich sein wird.

Mit Marc Pollefeys sprach Oliver Bosse

Sie arbeiten bei Microsoft an der Entwicklung der HoloLens – kurz zusammengefasst einem Computer, den man auf dem Kopf trägt und Informationen direkt vors eigene Auge projiziert. Das heisst, im Gegensatz zum Handy hat man die Hände frei. Damit wären die Vorteile der HoloLens aber viel zu kurzgefasst, richtig?
Richtig. Wir befinden uns seit Jahrzehnten auf einer Reise, um Computer persönlicher zu machen, und Mixed Reality ist eine logische Erweiterung dieses Weges. Wir sind von Lochkarten zu zeichenbasierten Schnittstellen, zu grafischen Schnittstellen, zu Touch, Sprache, Stift und Gesten übergegangen. Den Computer in die dreidimensionale Welt zu bringen, in der Menschen schon immer existiert haben, ist der nächste Schritt, um den Computer wirklich persönlicher zu machen.

Mit der HoloLens ist es möglich, virtuelle Objekte in der realen Welt zu platzieren. Ich könnte also neben meinen Laptop ein Hologramm setzen, welches ich dann mit der HoloLens immer dort sehen würde. Können sie erläutern, was dies für Möglichkeiten eröffnet?
Mixed-Reality-Technologie wie HoloLens ermöglicht es den Nutzern, mit Hologrammen auf die gleiche Weise zu interagieren wie mit anderen physischen Objekten, was unseren natürlichen Instinkten für Kommunikation näherkommt. Wir haben die HoloLens 2 mit Blick auf den Arbeitsplatz und insbesondere auf die Firstline-Worker entwickelt. Also Arbeiter*innen an der Frontlinie, die händisch arbeiten – egal ob in einer Fabrik oder im Operationssaal. Diese Gruppe wurde unserer Meinung nach seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, von der Technologie im Stich gelassen.

Mit der HoloLens 2 schaffen wir Lösungen, die es diesen Menschen ermöglichen, effizienter und produktiver zu arbeiten. Die Belegschaft wird dabei ergänzt und verbessert – und nicht ersetzt. Wir sehen enorme Möglichkeiten für die HoloLens, um den drohenden Fachkräftemangel zu beheben, effektive Prozesse zu ermöglichen.

Die HoloLens kann uns das Arbeiten erleichtern, indem beispielsweise Informationen und Hologramme direkt auf eine Maschine projiziert werden und so komplexe Arbeitsabläufe ganz einfach durchgeführt werden können. Inwieweit ist dies schon praxistauglich?
Die HoloLens ist auch in der Schweiz bereits im Einsatz und befähigt Menschen und Organisationen, Innovationen zu betreiben und Arbeitsschritte zu digitalisieren. Denken Sie beispielsweise an die weltweit erste mit unserer HoloLens navigierte Wirbelsäulen-Operation an der Universitätsklinik Balgrist. Besonders in der kontaktlosen Zeit steigt die Bedeutung von Remote Servicing, also der von der Ferne betreuten Wartung von Industrieanlagen oder Fahrzeugen. Auch da ist das Potential riesig, zumal alle möglichen Anwendungsbereiche noch nicht absehbar sind.

Werden wir dank der HoloLens dann bald alle in der Lage sein, ohne entsprechende Ausbildung unser Auto zu reparieren oder chirurgische Eingriffe vorzunehmen?
Nein. Wie bereits gesagt dient die HoloLens geschulten Fachkräften dazu, sie in ihre Arbeitsweise zu mehr zu befähigen – und nicht sie zu ersetzen. Das wird sich in der Zukunft nicht ändern.

Das Metaversum  

Im Themenbereich von Mixed-Reality (MR) spielt auch das Metaversum eine immer wichtigere Rolle. Personen, beispielweise Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer über den ganzen Globus verteilten Organisation, können sich in virtuellen Umgebungen treffen, zusammenzuarbeiten oder gemeinsam lernen. Es bietet entsprechend eine völlig neue Art der Zusammenarbeit und lässt die physische und die virtuelle Welt verschmelzen.  

Hier erfährst du mehr über das Metaversum!

Die HoloLens ist für die Menge an Technik, die in ihr steckt, bereits ziemlich klein und praktisch. Ihre Vision ist es aber, sie auch optisch noch alltagstauglicher zu machen. Sie in eine normale Brille zu integrieren. Wie weit ist der Weg bis dahin noch?
Wir sind noch nicht so weit, dass wir im Alltag den PC durch eine Brille ersetzen können. Wir müssen noch an vielen Dingen arbeiten, zum Beispiel, dass man die HoloLens einen ganzen Tag lang tragen kann. Ich schätze es dauert noch wenige Jahre, bis diese Generation der Geräte für den täglichen Gebrauch auf den Markt kommen.

Die Vorteile im Arbeitsalltag wurden schon angesprochen. Welche Vorteile kann uns die HoloLens im Privatleben bringen?
Das Interesse von Menschen im virtuellen Raum miteinander zu kommunizieren ist in der Pandemie gestiegen. Wir gehen davon aus, dass wir in dieser hybriden Welt bleiben. Videotelefonie funktioniert zwar gut, die Extended Reality ist für grössere Gruppen aber besser geeignet. Hier sehe ich den Vorteil von Treffen im virtuellen Raum, die eine reichhaltigere Kommunikation ermöglichen – und die Menschen beispielsweise über Hologramme in der HoloLens wieder näher zu uns bringt. So kann man seine Mitmenschen im Raum verorten, ihre Gesten und Mimik besser wahrnehmen. Anwendungen wie AltspaceVR von Microsoft werden solche digitalen Treffen und Events vorantreiben.


Anschauen: Die Sparx-Episode mit Marc Pollefeys

Zur Person

Marc Pollefeys (*1971) ist Partner Director of Science bei Microsoft Schweiz und Professor für Informatik an der ETH Zürich. Als solcher hat er über 550 Publikationen vor allem im Bereich Computer Vision mitveröffentlicht. Als Kind war der Belgier fasziniert von Mathematik und Lego. So überrascht es nicht, dass er heute an einem der komplexesten modernen «Spielzeuge» tüftelt: der Augmented-Reality-Brille HoloLens.

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