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Männer, die mit Ziegen reden

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Hinter dem Titel dieser Kolumne steckt kein versteckter, tiefschürfender philosophischer Sinn – ausser die Anspielung auf einen schon etwas älteren Hollywoodstreifen. Tatsache ist, KI kann Menschen dabei helfen, Tiere zu verstehen. Doch wie würde eine Welt aussehen, in der wir plötzlich mit Tieren sprechen könnten? Diese satirische Abhandlung liefert Antworten.

von Strigalt von Entf*

Strigalt von Entf

Haben Sie ein Haustier? Wenn ja, hochgeachtete Freundinnen und Freunde des multispeziistischen Zusammenlebens, wüssten Sie manchmal gerne, was Ihr pelziger Mitbewohner denkt? Würden Sie gerne abends auf dem Sofa zuhören, welche Erlebnisse des Tages Ihnen das Meerschweinchen Ihres Herzens zu berichten hat? Sind Sie neugierig auf die Ansichten Ihres Wellensittichs zur Zinspolitik der Europäischen Zentralbank? Was, wenn ich Ihnen sage: Ja, Ihr Traum kann wahr werden, schon bald!

Wozu der heilige Franziskus von Assisi durch Gottes Gnade in der Lage war, das ermöglicht Ihnen bald die Wissenschaft. Die Prophet*innen in weissen Forscherkitteln entwickeln derzeit Möglichkeiten, Tierlaute mithilfe von KI für Menschen verständlich zu machen. Mehr als das: auch nonverbale Signale – vom Schwänzeltanz der gehörnten Mauerbiene bis zu den schlängelnden Drohgebärden des Weissspitzenriffhais – sollen ein offenes Buch werden.

Nein, sagen Sie es nicht, meine gesund-skeptischen Freund*innen, ich kann die Frage auch ohne KI deutlich hören: Warum macht der Homo Sapiens mal wieder den zweiten Schritt vor dem ersten? Weshalb zieht man in die Ferne auf der Jagd nach dem Goldenen Vlies, bevor man die Betten im heimischen Iolkos gemacht hat? Die Tonlage, in der Schweine grunzen, geben uns bereits jetzt Aufschluss über Valenz und Intensität des emotionalen Erlebens des Tieres (siehe Box). Gleichzeitig sind viele Menschen nicht in der Lage, aus der Tonlage des „Nein Schatz, es ist nichts!“ ihres/r Ehepartner*in Entsprechendes zuverlässig zu folgern. Auch gelingt es den wenigsten, die emotionale Valenz einer Ansprache des deutschen Kanzlers Olaf Scholz überhaupt nur zu fühlen. Sollten wir da nicht zuerst …?

Das Grunzen von Schweinen analysieren

Was in dieser Kolumne so herrlich überspitzt und auf satirische Weise dargestellt wird, gibt es tatsächlich: Beispielsweise eine KI, die den emotionalen Zustand von Schweinen anhand ihrer Laute erkennt.

Wie genau das funktioniert und was man sich davon erhofft, liest du in unserem Interview mit Elodie Briefer, Professorin für Verhaltensökologie an der Universität Kopenhagen.

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Aber nun, da Prometheus den Göttern erneut das Feuer entwendet hat und bereits auf halbem Wege ist, es uns zu übergeben, können – nein, müssen wir an dieser Stelle die Frage stellen, wohin uns die beschrittene Entwicklung führt? Zunächst drohen uns – nennen wir es „unterraschende“ Enthüllungen über den Gemütszustand von Zootieren, mit denen interessierte Soziologiestudent*innen die philosophischen Aspekte des Freiheitsbegriffs diskutieren wollen. Das vermeintlich spannende Geheimleben Ihrer Katzen auf der Suche nach Abenteuer entpuppt sich als allabendlich gleiche Litanei der vergeblichen Jagd auf eine Motte, die Ihr Pfotentiger morgen aber endgültig dingfest machen will, gefolgt von öden Abhandlungen über katzische Revierpolitik.

Wirklich spannend, sind wir ehrlich zu uns selbst, wäre es, wenn die Technik es uns auch ermöglicht, in die andere Richtung zu kommunizieren. Ja, nun eröffnen sich die wahren, wegweisenden Perspektiven.

Das vermeintlich spannende Geheimleben Ihrer Katzen auf der Suche nach Abenteuer entpuppt sich als allabendlich gleiche Litanei der vergeblichen Jagd auf eine Motte.

Wer sein tägliches Fresschen pünktlich möchte, darf nun durchaus damit rechnen, im Rahmen der Möglichkeiten bei den haushaltlichen Pflichten eingebunden zu werden. Während der Berner Sennenhund den Müll rausbringt, fächelt Kakadu Roswita Ihnen an heissen Tagen etwas kühlenden Wind zu. Und wer könnte besser heruntergefallene Dinge hinter dem Ecksofa hervorzaubern als die geschmeidige Hausboa.

Auch mit den unfreiwilligen Mitbewohnern könnte sich das Zusammenleben deutlich verbessern. Hausspinne Wilma darf nur noch an genehmigten Bauplätzen ihr Netz errichten, sonst droht der Staubsauger. Um wie viel entspannter werden tropische Sommernächte, könnte man der nachtmahrgleichen Stechmücke nur zurufen: „Hier, Herrin der sirenengleichen Summtöne, nimm mein Blut, aber hör gottverdammt nochmal mit den Zahnarztbohrgeräuschen auf – sonst droht Hausspinne Wilma!“

Natürlich und intuitiv mit digitalen Systemen kommunizieren

Dank Natural Language Processing (NLP) und Conversational Artificial Intelligence lässt sich zwar nicht mit Tieren, dafür aber auf natürliche und intuitive Weise mit digitalen Systemen interagieren – durch Sprache oder Text und ohne dafür Tools oder Programmiersprachen können zu müssen.

Welche Möglichkeiten dies Unternehmen eröffnet? Lies es hier!

Auch ausserhalb der eigenen vier Wände lassen sich erstaunliche Vorzüge ausmachen. Anstatt der "untellektuellen" Ausführungen von Richard David Precht in der abendlichen Talkshow hören wir, welche Verteidigungsstrategien Gürteltier Günter dem ukrainischen Militär nahelegen möchte. Bürohund Bruno kann unerwartete Perspektiven in die Produktentwicklung mit SCRUM einbringen. Die Brieftaube erlebt ein unerwartetes Comeback als schneller Nachrichtenservice für ein paar Brotkrümel.

Ja, vieles ist möglich, und es scheint, als würde ein gegenseitiger Kommunikationskanal den von der Natur entfremdeten Menschen wieder näher an die Ursprünglichkeit der Schöpfung heranführen.

Aber ach – ja, Sie ahnen es: Wir wären nicht wir, wenn wir uns nicht auch der Gefahren bewusst wären. Das Sammelsurium der genannten Effekte wäre sicherlich eine stellenweise Bereicherung unseres Lebens. Denkt man aber – wie Sie und ich das gewohnheitsmässig im Geiste der Hekate, Göttin der Weggabelungen, tun – weiter, so erahnt man, welch schicksalhafte Wendung unserem Dasein bevorsteht.

Welche? Dazu mehr im zweiten Teil dieser Kolumne.

Verehrt,
Strigalt von Entf

Zum Format

*Unser Format "Feuill-IT-ong" entsteht in Zusammenarbeit mit den freien Autoren Tobias Lauterbach und Daniel Al-Kabbani, die mitunter für die Satire-Plattform "Der Postillon" engagiert sind. Sie berichten unter dem Pseudonym Strigalt von Entf über aktuelle Geschehnisse aus der Welt der Technologie - natürlich immer mit einem Augenzwinkern! ;-)

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