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Katzen an die Macht

Ja, es gibt Ansätze, um mittels KI die Bedeutung von Tierlauten zu identifizieren. Diese satirische Kolumne geht bereits einige Schritte weiter – bis zur Katzen-Revolution.
von Strigalt von Entf*

Miaaaaaaauuu. Mau, miau mmmmiaaaau. Miau! Maaaaaau maau miaaaaaaaau Miau. Miaaaau? Miiiau maaaau mau Mau miaaau Miiiau mau.
Verehrte Zoopikoinist*innen, liebe Haustierflüsterer/ -flüsterinnen, geachtete Fellversteher*innen: Würden Sie meiner wohlfeil formulierten Einleitung zustimmen? Oder steigt in Ihnen unmittelbar unkontrollierter Widerstand auf? Eventuell mag Ihnen beim Lesen dieser Zeilen auch Folgendes durch den Kopf gegangen sein: „Ich kann gar keine Katzensprache“.
Machen Sie sich keine Sorgen, Sie sind nicht allein. Schätzungsweise 8 Mrd. Menschen auf diesem Planeten geht es ähnlich.
Doch die Welt ist im Wandel: Künstliche Intelligenzen werden uns dabei helfen, die Sprache der Tiere zu entschlüsseln. Wir haben bereits intensiv beleuchtet, welche kleinen Freuden, aber auch welch kleinere Stolpersteine die Nebendarsteller der uns erwartenden Revolution sein werden. Nun aber richten wir den Scheinwerfer auf den Protagonisten auf unserer Bühne der Veränderung. Ich bin mir bewusst, dass Sie alle, meine prophetischen Vordenker*innen, all das, was ich nun schreiben werde, längst durchschaut haben. Strigalt ist sich aber auch nicht zu schade, das für alle Offenliegende als getreuer Chronist des noch Ungeschehenen zu Papier zu bringen.
Nein, nicht die kleinen heimatlichen Intermezzi werden unser Leben verändern. Zunächst werden unsere geliebten Pelznasen schlichtweg nicht nur mit Blicken, sondern auch mit Worten um Fresschen, Streicheleinheiten und alles weitere betteln. Doch die Erfolge werden sie gierig machen. Dem von den grossen Behavioristen Thorndike und Skinner formulierten Prinzip der operanten Konditionierung folgend werden unsere Hausfreunde bald die besten Strategien internalisieren, um ihre zweibeinigen Futterspender*innen um die Pfoten zu wickeln.
Conversational AI
KI ist heute bereits in der Lage, Dialoge zu führen, Empathie zu zeigen und Beziehungen aufzubauen. Dies befähigt dazu, bei der Kommunikation und der Zusammenarbeit von Unternehmen und Verbraucher*innen ganz neue Erlebnisse zu schaffen.
Dabei sollten allerdings einige ethische und vertrauensrechtliche Überlegungen gemacht werden.
Hier gibt es mehr zum Thema!
Warum sollten sie aber an der privaten Haustür aufhören? Bald schon werden unsere possierlichen Piepmätze und Nagefreunde entdecken, dass sie auch mehr Einfluss nehmen können. Es wird nicht lange dauern, bis die ersten Wahlplakate Wellensittich Wellington mit seinen Forderungen nach mehr Hirseanbau bei der Kreiswahl ablichten werden. Kaninchen Lotti möchte es verbieten, Löwenzahn mit dem Brenner aus den Fugen zu brutzeln. Und wir werden sie wählen. Natürlich werden wir das. Studien zeigen längst, dass Fotos auf Wahlplakaten die Bekanntheit und somit die Wahlchancen deutlich erhöhen. Was denken Sie wohl, wessen Ablichtung hier in der Wähler*innengunst die Nase vorn haben wird: der verkniffene, pausbackige Silberhaar-Herr der konservativen Partei? Die grüne Kandidatin mit der antiautoritär erzogenen Lockenfrisur? Oder der knuffig-intellektuell dreinblickende Chinchilla Carlos? Die Antwort ist so offensichtlich wie der bronzene Koloss in der Hafeneinfahrt des antiken Rhodos.
Ein Wahlkreis ist nicht genug. Die ersten Tierparteien werden sich gründen. In jeder Debatte werden wütende „Wie kann er das nur sagen?“ und aufgebrachte „Was redet die da?“ von entzückten „Aaaaaaw, wie niiiiedlich er doch recht hat!“ unterbrochen. Bald fallen die regionalen Parlamente, dann das gesamte Land. Der Kanzlerkandidat der Hundepartei „Bernhard – Diener des Volkes: Er ist ein guter Junge“ wird eine knappe Mehrheit vor der Katzenvorhockenden „Viska – Ich lasse mir nichts sagen!“ erzielen. Beide schliessen sich zusammen in einer Grossen Koalition und regieren von da an mit uneingeschränkter Macht. Bäume allenthalben, aber mit bequemen Abstiegsmöglichkeiten. Kinderfreie Sandkästen für die kätzliche Notdurft; verboten werden Laserpointer, aber auch ein vorgetäuschter Ballwurf.
Mit KI sprechen und Demenz vorbeugen
Mit Tieren sprechen oder doch lieber mit KI? Eine KI als Gesprächspartnerin zu haben, kann sich äusserst positiv auswirken. So hat ein Start-up aus Wien eine digitale Gesprächsparterin namens HILDA entwickelt, mit der man sich täglich austauschen und so Demenz vorbeugen kann.
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Bis, ja, bis die lieben, aber leider etwas naiven Abkömmlinge des Wolfes eines Tages mit Schrecken feststellen, dass Katzen kein Rudel, keine Treue, keine Bündnisse kennen. Viska wird dem Diener des Volkes höchstselbst mit einem konstruktiven Misstrauensvotum die Lefzen langziehen, nachdem er sich in einer feuchtfröhlichen Nacht dazu hinreissen liess, die Schuhe des US-amerikanischen Aussenministers durchzukauen, böser Kanzler, bööööser Kanzler! Notstandsgesetze in Windeseile, um einer angeblichen Mäuseplage Herr zu werden, die es nie gab. Nun regieren sie, ohne demokratischen Zugriff, ohne Korrektiv, ohne Wurmkur: die Katzen.
Was das bedeutet – Sie brauchen keine delphieske Orakelei, um sich das auszumalen …
Verehrt,
Strigalt von Entf
Zum Format
*Unser Format "Feuill-IT-ong" entsteht in Zusammenarbeit mit den freien Autoren Tobias Lauterbach und Daniel Al-Kabbani, die mitunter für die Satire-Plattform "Der Postillon" engagiert sind. Sie berichten unter dem Pseudonym Strigalt von Entf über aktuelle Geschehnisse aus der Welt der Technologie - natürlich immer mit einem Augenzwinkern! ;-)